Was es im Alltag bedeutet, 10 Kinder zu haben. Wir haben vor Jahren einige Obstbäume gepflanzt. Unter anderem Apfelbäume. Bisher haben wir davon nicht allzu viel gehabt, weil einige Menschen offenbar der Meinung waren, dass man sich auf unserem eingezäunten Grundstück frei bedienen dürfte. Jahrelang konnten wir anhand umgetretenen Grases und leergepflückter Bäume lediglich die Arbeit, aber nicht die Früchte ‘genießen’. Unglaublich, was sich einige rausnehmen. Nachts wurden alle Obstbäume geerntet und das Obst eimerweise abtransportiert. Selbst das Gemüse aus dem eigenen Anbau wurde geklaut. Brombeeren, Himbeeren, Stachelbeeren, Johannisbeeren, alles war weg. Das befeuert schlußendlich nur unseren Umzug, der bereits in Planung ist. Unsere Riesenschnauzer haben mittlerweile stattliche Größen und einen gewissen Ruf in der Umgebung, sodass wir dieses Jahr tatsächlich selbst ernten konnten.
Nun haben wir also eigene Bio-Äpfel, die darauf warten, verarbeitet zu werden. Nachdem ich bereits Apfelmus gekocht hatte, kam ich also auf die Idee einen Apfelkuchen zu backen. Ausgerechnet an dem Tag, an dem unsere KiTa, aufgrund eines Betriebsausflugs, geschlossen hatte. Also waren die drei kleinsten Zwerge zuhause. Zwei davon konnte ich mit Karotten schälen beschäftigen. Aus irgendeinem Grund lieben sie das und waren mit Eifer bei der Sache. Während unser Teufelchen (und Jüngste) im Bunde sich die Zeit mit dem Ausräumen der Küchenschubladen vertrieb. Natürlich landete der Inhalt nicht nur in der gesamten Küche, nein, auch hinter den Schubladen. Als Ergebnis kam man kaum noch an die Sachen heran und die Schubladen ließen sich auch nicht mehr schließen. Irgendwann konnte ich kaum noch durch die Küche laufen, alles lag voll. Die beiden Jungs hatten auch relativ schnell genug vom Schälen, sodass diese Beschäftigungstherapie ausgedient hatte. Zum Glück hatte die Paw Patrol ein paar wirklich wichtige Spezialaufträge zu erledigen und die Kinder durften pädagogisch wertvolle Problemlösungsstrategien durch Fernsehen lernen.
Während ich also weiter versuchte den Kuchen irgendwie fertig zu bekommen, und bester Dinge war, kamen mir blöderweise zwei volle Windeln und zweimal die Müllabfuhr dazwischen. Die Kinder lieben die Müllabfuhr. Traditionell müssen wir immer vor die Haustür und den, immer freundlichen, Müllmännern bei ihrer Arbeit zusehen, viel winken und quer durchs Dorf ‘Danke’ brüllen. Leicht genervt gab ich die Hoffnung nicht auf und versuchte weiter tapfer Äpfel zu schälen. Zumindest bis, ja bis unsere 14jährige Tochter eine sinnlose Diskussion über die Notwendigkeit, sie von ihrem SV-Tag (Schülervertretung) im Haus der Jugend abzuholen begann. Per WhatsApp Sprachnachrichten versteht sich. Bing, Bing, Bing, eine Nachricht nach der anderen kam rein. Sämtliche vernünftige Argumente meinerseits (inklusive perfekter Busverbindung) liefen ins Leere. Also griff ich auf die altmodische, aber stets wirksame, Androhung eines längeren Handyverbots zurück. Nicht sonderlich einfallsreich, aber effektiv. Trotzdem fehlte mir nun die Zeit, um den Kuchen zu beenden.
Wie immer stand, nach dem Kochen die Fahrt nach Koblenz an, um unsere 8jährige Tochter zum Bahnhof zu bringen. Jeden Tag fährt sie, direkt nach der Schule, mit einem ihrer älteren Geschwister mit dem Zug nach Leverkusen ins Judo-Training. Heute musste ich zuvor noch die drei kleinen Monster davon überzeugen, dass man den (selbstgemachten) Karottensalat tatsächlich essen kann. Ganz wichtig war auch die mehrfache Zusicherung, dass der Krautsalat definitiv keine Tomaten, sondern rote Paprika enthält. Nachdem dieser Punkt geklärt war, konnte ich mir allerdings anhören, dass rote Paprika mindestens genauso ungenießbar wäre wie es Tomaten sind. Zwei verschiedene Salate zum Mittagessen, hmm lecker Mama.
Nun also die Fahrt nach Koblenz und zurück und ich dachte wirklich, dass ich danach eine realistische Chance hätte, meinen Kuchen zu beenden. Weit gefehlt. Kaum wieder zu Hause angekommen, erklärte mir unser Erstgeborener, dass ich mich jetzt sofort um ihn kümmern müsse. Es ging ihm darum, mit ihm das Online-Banking einzurichten, um ihn anschließend zu seinem Minijob-Chef zu fahren, damit er dort etwas klären könne. Wieder 1 Stunde weg.
Zu allem Überfluss standen heute noch zwei Bewerbungen für die beiden Ältesten auf dem Plan. Nächster Versuch, den Kuchen in Angriff zu nehmen. Wo ist meine Küchenwaage hin? Das hat jetzt gerade noch gefehlt. Manche unserer Kinder backen und kochen hin und wieder selbst etwas, legen die Sachen aber nie wieder auf den richtigen Platz zurück. Alles liegt danach irgendwo. Ich könnte wahnsinnig werden.
Irgendwann hatte ich die Küchenwaage gefunden, da hörte ich nur:” Mama, Du musst ganz schnell kommen.” Ganz schlechte Vorzeichen aus dem Kinderbad. Die Erfahrung lehrt dazu nichts Gutes. Unser 12jähriger Sohn hatte festgestellt, dass der Abfluss des linken Waschbeckens nicht mehr funktionierte. Sprich, das Wasser lief nicht ab. Kein Problem, das passiert ständig. Pömpel drauf, pumpen, fertig. Eigentlich… diesmal aber nicht.
Mir schwante bereits Böses. An sich ist die Vorgehensweise klar. Man nimmt sich eine Rohrzange und schraubt den Abfluss unten auf. 1. Knackpunkt: der Badezimmer-Unterschrank musste erst entmüllt werden, zweiter Knackpunkt: wo ist die Rohrzange?? Natürlich war diese, ähnlich wie die Küchenwaage, nicht an ihrem vorbestimmten Platz. Nach knapp 10 Minuten hatte ich sie aber tatsächlich gefunden. Also ran an den Abfluss. Unglaublich, was alles in ein Abflussrohr passt. Unsere Kinder kamen offenbar auf die Idee, eine leere Rolle Klopapier, einen Zahnbürsten-Aufsatz, eine Kinderzahnbürste, 2 Ohrenstäbchen und irgendwas undefinierbares (ich hoffe, es hat nicht mehr gelebt) in den Abfluss zu stopfen.
Gut, während ich diese Baustelle bereinigen wollte, wartete bereits das nächste Drama auf mich. Unser 8jähriger hatte sich, trotz ausdrücklichem Verbot ins Nachbardorf (über eine relativ stark befahrene Straße) aufgemacht. Einer seiner Freunde hatte ihm versprochen, dass er sein Fahrrad haben dürfte, wenn er es sich bei ihm zuhause abholen würde. Natürlich ließ er sich das nicht entgehen und er machte sich heimlich, still und leise auf den Weg. Blöderweise musste er kurz auf die Toilette und kam deswegen wieder nach Hause und ich hatte den richtigen Riecher. Kleinlaut entschuldigte er sich und natürlich hat sowas direkt Konsequenzen bei mir.
Ich schnappte ihn, nahm ihn mit zu seinen Freunden, die mir direkt berichteten, dass er das Fahrrad natürlich wieder zurückbringen müsse. Also packte ich das Fahrrad in den Kofferraum und brachte es zu seinem Freund. Selbstredend, dass unser Sohn die gesamte Fahrt Vorhaltungen meinerseits über sich ergehen lassen musste. In meinem Hinterkopf schwirrte die ganze Zeit der Apfelkuchen, der meiner Aufmerksamkeit bedurfte, um endlich fertig zu werden.
Nun meldete sich auch noch mein Mann vom Flughafen. Die Deutsche Bahn und die Lufthansa hatten Mal wieder seinen kompletten Terminkalender durcheinander gebracht. Kurzum, ich hatte noch eine Stunde, bevor er abgeholt werden musste. Jetzt ging es Schlag auf Schlag. Die Hunde mussten noch raus und die Kleinen fertig gemacht werden. Wenn Papa nach Hause kommt, wollen alle mit, um ihn in Montabaur oder Koblenz abzuholen. So war es auch an diesem Tag. Alle waren in heller Vorfreude, denn es wartete sicher wieder eine Überraschung auf sie. Mein Mann bringt ihnen immer etwas mit. Also großer Bahnhof für ihn, meinen Mann eingeladen und ab nach Hause.
Nun hingen alle Kleinen an meinem Mann. Sehr gut, nun zurück zum Kuchen. Mama, wir schreiben morgen Mathe. Null Plan wie das geht. Schaust du Mal? Aber klar doch. Ich schaue mir das an, während meine Große zu mir sagt: “Mama, ich mache dir deinen Kuchen fertig”. Ich freute mich, es gibt sie doch, die schönen Momente im Wahnsinn.