Erfahrungsberichte vom (Über-)Leben mit 10 Kindern, 2 Riesenschnauzern und meinem sehr speziellen Ehemann

Monat: November 2024

Der neue Robbie Williams

Eines vorab, für unsere Familie hatte Corona tiefgreifende Folgen. Waren alle schlecht? Nein! Fangen wir mit der Schule an. Wir hatten zum Zeitpunkt des ersten Lockdowns fünf Kinder auf drei verschiedenen Schulen und konnten so sehr schnell deutliche Unterschiede feststellen. Die Realschule Plus hat erstaunlich schnell und gut auf den digitalen Unterricht umgestellt. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Das Gymnasium hingegen, genauer gesagt der Hochbegabten-Zweig, war ein Desaster. Hochmut ja, Digitalisierung nein. Die örtliche Grundschule war auch nicht viel besser. Dort fuhren die Lehrer Kopien von Haus zu Haus. Nichtsdestotrotz musste Montag morgens zusätzlich ein halber Wald bei uns Zuhause ausgedruckt werden.

Viele Lehrer haben es wirklich toll und verständnisvoll gemacht während dieser Zeit. Es gab aber auch die Damen und Herren, die meinten, Zuhause müsste jetzt alles genau so ablaufen wie zuvor in der Schule. Will heißen, um 8.00 Uhr Fach X, 9.30 Uhr 10 Minuten Pause und so weiter. Unfassbar. Das geht vielleicht noch mit einem Kind, mit Anstrengungen auch mit zweien. Aber das war es dann auch.

Unsere Kinder kamen ebenfalls sehr unterschiedlich damit zurecht. Diejenigen, die ohnehin selbstständig arbeiteten, waren kein Problem. Diejenigen, die, vorsichtig formuliert, Hilfestellung benötigen, hatten sehr große Probleme damit. Dazwischen die kleinen Kindergarten-Kinder. Es war wirklich nicht schön und unmöglich, allen gerecht zu werden. 

Ganz nebenbei noch der Einkauf. Regelmäßig kassierte ich böse Blicke der anderen Kunden beim Einkaufen – bei größeren Mengen an Klopapier oder Küchenrolle zum Beispiel. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt 9 Kinder, was mir an der Kasse natürlich nie jemand glaubte. Alle gingen von Hamster-Käufen aus, dabei waren es die üblichen Mengen für die nächsten Tage. 

Dazu noch die ausgeprägte Bauernschläue auf dem Dorf. Hat eines unserer Kinder Corona, müssen es gleich alle haben. Diese Dorflogik hatte natürlich mit der Realität nichts zu tun. Wir haben unsere Kinder mehrfach täglich getestet und zudem impfen lassen. Manche bekamen es überhaupt nicht, andere mehrfach. Deshalb vorsorglich gleich alle nicht mehr in die Kita und Schule zu schicken? Das war so die allgemeine Vorstellung. Schulpflicht? Spielt keine Rolle. Aber egal, die asoziale Großfamilie war immer an allem Schuld. Kennen wir schon. Interessanterweise wurden mehrfach Infektionen in Schule und Kindergarten festgestellt, kamen aber nicht von uns. Was wurden sich die Mäuler über uns zerrissen, großartig. Hat uns jemand direkt angesprochen, natürlich nicht. Aber auch das war nichts Neues.

Unsere Kleinste kam im Juni 2022 zur Welt. Also zu einem Zeitpunkt, in dem Corona keine wirklich große Rolle mehr gespielt hat. Außer im Krankenhaus… Nach mehreren Stunden mit Wehen Zuhause, fuhren wir mitten in der Nacht ins Krankenhaus. Mein Mann durfte erstmal nicht mit in den Kreißsaal, da ich offiziell noch nicht ‚unter der Geburt‘ stand. Also fuhr er nach Hause. Und Überraschung, das zehnte Kind kann ja dann doch ziemlich spontan kommen. Kurzum, es war die einzige Geburt, die er verpasst hat. Sehr zu seiner und meiner Begeisterung…

Wie bereits angedeutet, war vieles nervig und unangenehm, aber nicht alles. Mein Mann zum Beispiel war von heute auf morgen Zuhause und reiste nicht mehr durch die Weltgeschichte. Home Office war nun angesagt und sollte Folgen haben. Hat er unsere Großen nur selten gesehen, als sie klein waren, änderte sich das nun bei den Kleinen. Jedweden Blödsinn hat er mit ihnen gemacht. In jeder freien Minute, morgens, mittags und abends. Und so kam es wie es kommen musste. Unsere letzten fünf Kinder sind Team Papa, aber sowas von. Ich hätte es nicht geglaubt. Fallen sie hin und tun sich weh, laufen sie an mir vorbei zu Papa. Mache ich irgendwas, was ihnen nicht passt, kommt: “Das sage ich dem Papa”. War er auch nur 30 Minuten weg und kommt wieder nach Hause, wird er begrüßt wie Robbie Williams auf einem Konzert. Da sieht man Mal wieder, gemeinsam Zeit verbringen ist das A & O. Jetzt haben wir 5 Kinder im Team Mama und 5 Kinder im Team Robbie.

Die besten Sprüche

In meinem Job als Managerin eines Familienunternehmens bekomme ich immer wieder Sprüche ab bzw. mit. Hier ein kleiner Ausschnitt der lustigsten:

“Ich glaube, da ist ein Baby im Bauch.”Unser 6jähriger zur Erklärung seiner Bauchschmerzen, mit denen er natürlich unmöglich zum Kindergarten gehen konnte.

“Sagt Babsi zu mir.” Ein externer Gag. Ein ca. 60jähriger Herr kam bei einem Roland Kaiser Konzert auf die Damentoilette. Die anwesenden Damen forderten ihn umgehend lautstark zum Verlassen auf. Seine Antwort, dass das heutzutage doch völlig egal wäre, wurde deutlich verneint. Er erwiderte: ”Sagt einfach Babsi zu mir.” Weltklasse. Ich habe mich übrigens nicht an dem Rauswurf beteiligt. In erster Linie weil ich bei Konzerten mehrheitlich die Herren-Toilette aufsuche. Deutlich weniger frequentiert und interessanterweise meist sauberer als die Damentoiletten. 

“Aus alt mach neu.” Mein Mann wieder Mal im Comedy Club. Ein (be)zaubernder Comedian hat um Wünsche aus dem Publikum gebeten, was er denn zaubern sollte. Mein Mann rief daraufhin lautstark aus dem Publikum, mit einem Fingerzeig auf mich: “Aus alt mach neu.” Ohne Worte. Die Bude stand Kopf.

“Ne, du bist ja keine Frau, Du bist ne Mama.” Unser 6jähriger während einer Feuerwehrmann Sam-Folge zu mir: “Penny ist so ne coole Frau.“Ich daraufhin hoffnungsvoll:” Bin ich auch eine coole Frau?” Er, völlig irritiert:” Ne, du bist ja keine Frau, Du bist ne Mama.” Danke, Schatz. 

“Scheisse, es brennt.“ Ebenfalls unser 6jähriger, ebenfalls während er eine Folge Feuerwehrmann Sam mit seinen Geschwistern ansah. Mir war ein defekter Rauchmelder, den wir von der Decke genommen hatten, vom Schrank gefallen und der Aufprall löste einen Alarm aus. Er daraufhin völlig genervt : ”Scheiße, es brennt.”

„Ohhh, heute ist „Ernste Dame“ und ich bin nicht im Kindergarten.” Wieder unser 6jähriger. Bis ich verstanden habe, dass er damit das Erntedankfest meinte… 

“Ne Mama, da sind nur so Streifen”. Unser Ältester, als er ca. 10 Jahre alt war. Ich stand unter der Treppe und hatte den verfügbaren Platz nicht richtig eingeschätzt. Wie auch immer, ich hatte mir folgerichtig den Rücken angeschlagen. Also fragte ich ihn, ob man irgendetwas davon sehen könnte, blaue Flecken etc. Daraufhin er: “Ne Mama, da sind nur so Streifen.” Kindermund tut Wahrheit kund. Ich habe ihn trotzdem lieb. 

“Stell ein Bild von Dir ein, dann kriegst Du solche Nachrichten nicht mehr”. Ebenfalls unser Ältester (vor Kurzem) zu mir, als ich ihm belustigt eine anzügliche Nachricht zeigte, die mir ein fremder Mann auf Instagram zugesandt hatte. Da hatte ich ihn nicht mehr so lieb. 

“Dann kann sie heute Abend also wieder die Spülmaschine einräumen?”. Mein Mann natürlich, nachdem uns der behandelnde Arzt in der Notaufnahme berichtete, dass mein Röntgenbild der Hand, nach einem blöden Sturz, unauffällig war. Die Antwort des Arztes: “Ja, also nach meinen Informationen, sollte das wieder möglich sein”. 

“Du bist ja auch schön und brauchst das nicht”. Unsere 15jährige Tochter zu mir, nachdem ich stinksauer einen Einkauf über 70 Euro im dm für sie bezahlt hatte. Mit irgendwelchen Schminksachen, die ich nicht mal kannte, geschweige denn jemals benutze und ich ihr erklärt hatte, dass ich in meinem ganzen Leben noch nie über 70 Euro für sowas ausgegeben habe. Clever… Ärger gab es trotzdem. 

“Bitte schallen Sie doch auch mal Schenkel und Hintern, da ist doch noch genügend Platz”. Hintergrund: Auf dem Ultraschallbild war nur ein kleiner Zwerg zu sehen und mein Mann hoffte nochmal auf Zwillinge. Daraufhin meinte er zu einem Gynäkologen im Krankenhaus. Bitte schallen Sie doch auch mal Schenkel und Hintern, da ist doch noch genügend Platz. Vielleicht versteckt sich da noch einer?” Der Arzt bot ihm daraufhin ein “High Five” an und bekam sich nicht mehr ein. Ich habe es ihm mittlerweile verziehen. 

“Gar nicht so anders als Zuhause”. Unsere zwei Ältesten nach ihren einwöchigen Truppenbesuchen bei der Bundeswehr. Verstehe ich als Kompliment. 

“Den konnte ich nicht halten”. Unser 4jähriger beim hausinternen Fußballturnier, wenn er im Tor stehen muss und wirklich jeder Torschuss ein Treffer ist. Das gab natürlich Ärger von meinem sehr ehrgeizigen Mann, der nicht verlieren kann. Daraufhin kommt immer der gleiche Satz: „Den konnte ich nicht halten, verbunden mit einem Gesichtsausdruckes eines betröppelnden Schafes“. Man kann ihm nicht böse sein.

“Eine Fantaschnitte und eine Dönerschnitte bitte”. Unser 6jähriger auf die Frage, welche Kuchen er sich denn zum Geburtstag wünscht. Eine Dönerschnitte ist übrigens in Wirklichkeit eine Donauwelle – keine Ahnung, woher das kommt. Hat mittlerweile Kultstatus.

“Du könntest mir versprechen, dass ich jeden Tag bei Papa schlafen darf – alleine.” Ebenfalls unser 6jähriger auf die Frage, wie sein diesjähriger Geburtstag der allerbeste Geburtstag werden könnte. Er und der Papa… die ganz große Liebe. 

“Das ist jetzt definitiv der Letzte, den Du von mir bekommst. Also pass darauf auf!”Unser Ältester, nachdem mir bereits 2, von ihm überlassene Ladestecker, von seinen Geschwistern geklaut wurden. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich noch solche Sätze zu ihm gesagt. So ändern sich die Zeiten.

“Das war Mama, die hat die Bewerbung geschrieben”. Unsere älteste Tochter beim Vorstellungsgespräch-Training Zuhause mit Papa. Die Frage war: Warum hast Du Dich bei Firma XY beworben? Dazu gab es von Papa von ein Quiz zum Allgemeinwissen, unter anderem mit der Frage: “Wann fiel die Berliner Mauer”? Antwort: “Warte, das habe ich gelesen. Das war, gleich habe ichs, ach ja genau, dass war 72 vor Christus.“ Mein Mann blieb da noch ganz ruhig und fragte nur: “Sicher?” „Ach ja, Blödsinn, das war natürlich 72 nach Christus. Sorry, hatte ich verwechselt “. 

Erste Reihe vorne rechts, Dir ganz viel Spaß, Schatz”. Bekanntermaßen sind wir regelmäßig im Café Hahn in Koblenz Güls. Eines Abends fuhr ich meinen Mann dorthin. Ich musste allerdings noch die Kinder nach einem Fußballspiel vom Bahnhof abholen und nach Hause fahren. Somit war klar, dass ich in jedem Falle zu spät zur Veranstaltung im Cafe Hahn kommen würde. Bei Comedians auf der Bühne immer wieder ein gern genommener Anlass, einen durch den Kakao zu ziehen. Oft genug erlebt. Das war auch meinem Mann klar. Und was macht der Mistkerl? Schickt mir ein Bild mit der Unterschrift: “Erste Reihe vorne rechts, Dir ganz viel Spaß Schatz” verknüpft mit vielen Smileys. Mistkerl, aber ich hatte Glück, ich konnte mich unentdeckt reinschleichen.

„Wie der ist weg, wo war der denn?“ unsere damals 13jährige Tochter. Ich teilte ihr in den letztjährigen Sommerferien mit, dass ihr damals 12 jähriger Bruder am nächsten Tag wieder nach Hause kommt. Wohlgemerkt, sie war die gesamte Zeit Zuhause und er war 10 Tage weg. Mit seinem besten Freund und dessen Eltern im Sommerurlaub.

Manchmal kommt aber auch ein Lichtblick und erwärmt mir das Herz: „Mausi ist wie ein Glücksstern und bei uns ist sie gelandet“. Unser Ältester zu unserer Zwillingstochter als sie ca 6 Monate alt war.

Deponie Disko

Wie in vielen anderen Haushalten auch, sammelt sich bei uns immer eine Menge Müll an. Hin und wieder muss dieser dann zur Deponie. Manchmal fährt mein Mann mit dem Großen, manchmal ich. In jedem Falle muss er mit, sprich den Müll ein- und ausladen. Wichtig dabei war eigentlich nur, dass ich aus dem Haus war. Mein Mann alleine mit den Kinder, hm, mich begleitete ein ungutes Gefühl. Er ist sowas wie ein großer Michel aus Lönneberga. Ein unfassbarer Kindskopf.

Es war Samstag Morgen 10.00 Uhr. Ich machte mich also auf den Weg zur Deponie. Danach einkaufen und noch schnell in den Baumarkt. Eine meiner Großen sollte auf die Kleinen aufpassen, doch dazu kam es nicht. Wenn ich unterwegs bin, besteht eine Standleitung nach Hause. Festnetz, Handy, WhatsApp, ich werde über alle Kanäle auf dem Laufenden gehalten. So wurde mir auch zugetragen, dass alle 5 Kleinen oben beim Papa seien. So ist es immer und soweit keine Überraschung. Aus dem Bad oben wäre sehr laute Musik zu hören. Jetzt wurde ich zum ersten Mal hellhörig. Irgendwann kam ich wieder nach Hause und hörte schon auf dem Parkplatz die Musik. Die war so laut, dass ich sogar den Titel erkannte. Narcotic von Liquido lief in Dauerschleife. Jetzt gingen mir alle Alarmlampen an. Einkäufe im Auto gelassen und sofort hoch, nachsehen was los ist.

Ich traute meinen Augen nicht. Ich bin ja wirklich einiges gewöhnt von meinem Mann, aber es wird immer schlimmer. Der Holzboden im Flur stand unter Wasser. Das Badezimmer glich der Titanic kurz vor dem Untergang. Wasser, überall Wasser. Was war passiert? Mein Mann kam um 10.00 Uhr auf die Idee, sich in die Badewanne zu legen. Wie immer dauerte es nicht lange und alle Kleinen waren bei ihm. Full House in der Wanne. Irgendwann stieg mein Mann aus. Jedes Mal macht er dann irgendwelchen Blödsinn. Dieses Mal studierte er eine Choreo zur besagten Musik ein. Jedes Mal beim Refrain sollten sich die Kleinen hinstellen und sich in die Wanne fallen lassen, bzw. drin herumspringen.

Es dauerte nicht lange, bis alles völlig eskalierte. Die Kleinen hatten den Spaß ihres Lebens und die zuvor randvolle Wanne leerte sich zusehends. Mein Mann filmte alles und sprach nach jeder Runde die notwendigen Änderungen an der Choreo mit den Kleinen durch. Ich dachte wirklich, ich hätte alles gesehen, aber das toppte alles. Ich kam mir vor wie im Schwimmbad. Es brauchte über 30 Handtücher, um alles wieder halbwegs trocken zu bekommen. Zwischenzeitlich lief das Wasser sogar die Treppe runter. Ich war vollkommen sprachlos. Dann konnte ich mich auch noch beschimpfen lassen, nachdem ich alle aus der fast leeren Wanne holte und zum Aufräumen verdonnerte. Musik aus und noch ein paar knackige Worte in Richtung meines Mannes. Dem war das, wie zu erwarten war, völlig egal. Es hatte sich wieder Mal eine Symbiose aus ihm und den Kindern gegen mich gebildet. Dazu später mehr. Aber eines muss ich ihm lassen, die Kleinen waren glücklich, sehr glücklich sogar. 

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