Wenn man sich kennen und lieben lernt, kommt häufig auch der Wunsch nach Kindern auf. So war es auch bei uns. Wenn man allerdings in dieser Phase schon wüsste, was später alles auf einen zukommt, wäre das vielleicht anders. Der ein oder andere würde seine Pläne sicher überdenken. Wie süß die Kleinen doch die ersten Jahre sind und wie schnell sich das ändert. 12, 13, 14, 15, 16 Jahre später ist es vorbei mit der Romantik. Da lernen die Kinder noch in der Grundschule Sätze mit Subjekt, Prädikat und Objekt zu versehen. Wozu eigentlich, schränkt sich doch der Wortschatz mit zunehmendem Alter massiv ein. Fragen nach dem allgemeinen Befinden werden entweder gar nicht oder mit einem “läuft Bruder” beantwortet. Hinweise auf notwendige Unterstützungstätigkeiten im Haushalt werden beantwortet mit: “Was soll denn das jetzt Alter. Wie sehe ich denn aus. Chill mal Deine Base.”
Bei den ersten Kindern habe ich mich über jedes gelernte Wort gefreut wie eine Schneekönigin, bei den Kleinen dachte ich mir: “Och, lass mal, sprechen ist gar nicht so wichtig.” Überhaupt ist es erstaunlich, wie schnell die Kleinen die Schimpfwörter der Großen erlernen und problemlos selbst einsetzen können. Im Gegensatz zu anderen, sinnvollen Wörtern wie beispielsweise „Bitte“und „Danke“.
In den wirklich schlimmen Phasen haben sich das Entziehen der elektronischen Endgeräte, oder alternativ das Entfernen des Router-Stromkabels, als äußerst effektiv erwiesen. Wer seine schulische oder häusliche Mitarbeit auf ein Minimum herunterfährt, wird von uns auch komplett offline bzw. auf langwierigen und kompletten Endgeräte-Entzug gesetzt. Das Totschlag-Argument, dass alle ein Handy haben, interessiert uns nicht. Die Lehrer unserer Kinder sind immer einigermaßen erstaunt, dass es sowas noch gibt.
Andere Dinge stehen nun im Vordergrund: Die Hautprobleme sind auf einmal das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Es wird alles diskutiert und sei es noch so unsinnig. Einzig und allein die eigene Meinung und Überzeugung zählen. Auf der einen Seite möchten sie alles alleine entscheiden, auf der anderen Seite fragen sie, wie Nudeln gekocht werden. Während es den Kleinen völlig egal ist, ob oder welche Hose sie anziehen, ist es bei den Großen plötzlich immens wichtig, wie die Hose wo sitzt.
Völlig verwirrt habe ich irgendwann festgestellt, dass sich unsere armen Kinder immer auf die Schultage mit Sportunterricht freuen. Nicht etwa weil sie gerne Sport treiben, nein, weil sie an diesen Tagen ausnahmsweise mit Jogginghosen aus dem Haus gehen dürfen. Ansonsten ein absolutes “No Go” bei uns. Wird gerne quittiert mit: “ Ihr seid so alt. Jeder trägt Jogginghosen”. Wird von mir wiederum gerne quittiert mit dem berühmten Zitat Karl Lagerfelds: ”Wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.” Kommt immer gut an und passt damals wie heute.
Unsere 15-Jährige meinte vor Kurzem, dass sie dringend Schminke aus dem dm benötige. Ich hatte noch ein Telefonat im Auto zu erledigen und schickte sie mit meiner EC-Karte vor. 30 Euro hatte sie mir als Budget genannt. Bis 50 Euro ist keine Geheimzahl nötig, sollte also passen. Dachte ich zumindest. Irgendwann war ich fertig und betrat den dm drogeriemarkt. Unsere Tochter stand noch immer ganz entspannt vor den entsprechenden Regalen und betrachtete das Angebot.
Der kleine Einkaufskorb an ihrem Arm war kaum befüllt und ich entspannte mich. Ein paar Teile kamen noch hinzu und wir gingen zur Kasse. Immer noch gut gelaunt, betrachtete ich die einzelnen Produkte, die über die Kasse wanderten. Die Hälfte davon kannte ich nicht einmal. Irgendwann wurde ich unsanft aus meiner guten Laune gerissen, nämlich als die Verkäuferin 71,80 Euro einforderte. Völlig entsetzt schaute ich erst sie an, dann unsere Tochter. Diese merkte sofort, dass es jetzt kritisch werden würde und entschuldigte sich schon mal pauschal für alles.
Bis zum Auto konnte ich mich noch beherrschen, dann brach es aus mir heraus: “Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Geld für Schminke ausgegeben. Ich bin jetzt 47 Jahre alt, verheiratet und habe 10 Kinder, es geht also auch ohne.” Unsere Tochter entschuldigte sich direkt nochmal und tat das einzig richtige in dieser Situation. Deeskalieren. Kleinlaut meinte sie: “ Mama, Du bist ja auch schön”. Punkt für sie.