Mein Mann und ich sitzen gerade in einem Reisebus, der uns zu einer Lesung in der Nähe bringen soll. Ich fühle mich unangenehm an eine Kaffefahrt, vor ca. 30 Jahren, erinnert. Diese hatte die Mutter meines damaligen Freundes gebucht und ich war der Meinung, dass es besser wäre auf sie aufzupassen. Außerdem man muss alles mal mitgemacht haben, um darüber reden zu können. Kurzum, es war genauso wie ich es mir vorgestellt habe und seine Mutter hat tatsächlich darüber nachgedacht eine Heizdecke zu kaufen. Die Lokation war, wie man es erwartet, ein einsames Landgasthaus an einer Bundesstraße im Niemandsland, das sich offenbar darauf spezialisiert hatte, ältere Herrschaften ins finanzielle Verderben zu treiben. Für mich war das eine Lehrstunde des Vertriebslebens und gleichzeitig eine faszinierende Erfahrung. Wie unrealistisch real ein Teil der älteren Herrschaften die Situation einschätzte wirklich unglaublich. Bis heute sehe ich noch eine Dame vor mir, die mir sagte, dass es trotzdem allemal besser sei, als alleine zuhause rumzusitzen. Traurig, so etwas zu hören.
Aus dieser Erfahrung heraus, habe ich meinem Mann bereits gesagt, dass wir nach der Lesung wahrscheinlich erst 5 Bücher kaufen müssen, bevor die Türen wieder geöffnet werden und wir mit dem Bus zurück fahren dürfen. Alles andere würde mich überraschen. Kleiner Exkurs, ich komme gleich zur Lesung zurück.
Ansonsten weiß ich mal wieder genau warum ich Kinder bekommen habe, sie sind ein Quell unendlicher Freude. Zumindest teilweise. Vergangene Nacht eher nicht. Prinzessin Lady Laure (18 Monate alt und damit die Jüngste im Bunde) hatte schlecht geschlafen. In der Hoffnung auf ein bißchen mehr Schlaf nahm ich sie um 2 Uhr nachts zu mir in Ihrem Zimmer, wo sie sich dann (natürlich dicht an mich gekuschelt) die Seele aus dem Leib gebrochen hat. Ich gehe jetzt nicht ins Detail aber sie hatte zuvor drei Fläschchen Milch getrunken. Daraufhin war das Bett nicht mehr benutzbar. Den Geruch kann sich jeder vorstellen. Daher nahm ich sie mit ins Wohnzimmer um dort dann, gemeinsam mit ihr um 6 Uhr, von ihren etwas älteren Geschwistern (7 und 5 Jahre alt) geweckt zu werden. Ihr Anliegen: Sie mussten dringend fragen, ob das Toastbrot in der Küche denn für das Frühstück gedacht wäre. Und das am Sonntag Morgen.
Unser ältestes Pubertier (16 Jahre) und seine Schwester (15 Jahre) waren in den letzten 3 Wochen bei einem Truppenbesuch bei der Marine. Da sie nächstes Jahr die Schule beenden und wir in diesem Umfeld fordernde Eltern sind, müssen sie in allen Ferien ein Praktikum oder einen Ferienjob absolvieren. Dies soll Ihnen helfen, eine Vorstellung davon zu bekommen, was sie denn gerne in ihrem Leben machen würden. Zudem müssen sie den Wert des Geldes erlernen. Ausgegeben ist es schnell, erarbeitet werden muss es hart. Zugegebenermaßen hält sich ihre Begeisterung darüber in engen Grenzen aber ich bin sicher, irgendwann werden sie uns dafür dankbar sein. Der Truppenbesuch war so eine Möglichkeit, die von uns als Schulpraktikum genutzt wurde. Die Lehrerin war etwas erstaunt darüber und erklärte mir umgehend, dass es ihr leider nicht möglich sei nach Kiel zu fahren. Eigentlich sollten dort die obligatorischen Lehrer-Unternehmen-Feedback-Gespräche geführt werden, aber sie hat sich schweren Herzens damit abgefunden, dass diese ausfallen. Unsere Kinder mussten also jeweils alleine (weil 2 getrennte Wochen) mit dem Zug nach Kiel fahren, sich dort vor Ort zurecht finden und anschließend wieder mit dem Zug zurück fahren. Sie haben alles mit Bravour gemeistert. Wichtigste Erkenntnis unserer Tochter: Das Leben in der Kaserne ist gar nicht so anders als zuhause. Wichtigste Erkenntnis unseres Sohnes: Das Essen geht gar nicht und zu meinem Mann: im direkten Vergleich ist das Essen der Alten (er meinte mich) gar nicht so schlecht. Perspektivisch hat es sie auch weitergebracht.
Zum Thema Essen gibt es noch folgende Fun Facts. Einer unserer Zwerge (3 Jahre alt) ernährt sich hauptsächlich von Milch und meinte vor Kurzem völlig entsetzt zu mir: Mama, warum kaufst du sowas? Gemeint waren Broccoli und Bohnen. Zwei Tage später erlaubte ich mir Chili con Carne zu kochen. Er darauf: Mama, wenn ich das essen soll, dann muss ich sterben. Soweit kam es dann doch nicht.
Zurück zur Lesung, diese ist nun zu Ende. Zu meiner Überraschung mussten wir doch keine Bücher kaufen. Auffällig war trotzdem die Nähe des ‚Merchandising‘ mit Exemplaren des aktuellen Buches am einzigen und engen Ausganges. Viel Platz zum Vorbeidrängeln war da nicht. Abschließend kann ich zu meiner ersten Lesung sagen, dass es nach der letzten Nacht eine hervorragende Variante war, um mehrfach den Schlaf in kurzen Powernaps nachzuholen. Will heißen, hat mich nicht begeistert. Trotzdem keine verschwendete Zeit. Während dieser Lesung wurde mir eines klar: Ich werde definitiv ein Buch schreiben.
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