Meiner Meinung nach gibt es zwei Sorten von Menschen. Zum einen die, die alles können und alles selbst machen und die, die nicht diesen Anspruch haben. Erfahrungsgemäß haben es die Zweitgenannten einfacher im Leben, weil sie sich eher zurücklehnen können und andere machen lassen. Die Erstgenannten hingegen haben ständig irgendwelche Herausforderungen zu meistern. Toll ist es, wenn sich Zwei von beiden Seiten finden und somit ergänzen. Blöd ist es, wenn man dabei zur ersten Gruppe gehört. Mein Mann und ich ergänzen uns perfekt. Er lässt gerne machen und ich mache eigentlich gerne. Eigentlich nur deshalb, weil es immer wieder unerwartete Probleme durch irgendein Kind gibt, das ganz dringend irgendetwas benötigt, während ich etwas machen möchte.

Hier ein schönes Beispiel vom letzten Wochenende: Zum wiederholten Male wurden Plissees in unserem Haus abgerissen, zerstört und oder verdreckt. Ich habe mittlerweile mindestens 50 Plissees aufgehangen und befestigt. Wir haben aber gar keine 50 Fenster mit Plissees. Dafür Kinder und Riesenschnauzer, die alle ein großes Talent darin haben, Plissees zu verdrecken oder zu zerstören. Warum gibt es eigentlich keine EU-Norm, die festlegt wie Plissees zu befestigen sind? Warum darf jeder Hersteller ein anderes System nutzen? Ich habe sicherlich bereits 10 verschiedene Befestigungssysteme hinter mir. Jedes Mal brauche ich mindestens 5 Anläufe bis das Plissee endlich korrekt hängt, sich vernünftig hoch- und runterschieben lässt und nicht bei der ersten Berührung wieder unten liegt.

Plissees befestigen mit Kindern ist nochmal eine ganz andere Sache und vergleichbar mit einer Wanderung im Hochgebirge. Jede Änderung der Umgebungsverhältnisse kann schnell gefährlich werden. Während ich also versuchte das erste Plissee zu befestigen und dabei diverse nicht jugendfreie Flüche von mir gab, wollte unsere Jüngste gerne eine Banane essen. Anfangs war das noch sehr süß mit anzusehen, wie sie mir zu verstehen gab was sie wollte. Das ist durchaus vergleichbar mit leichter Bewölkung im Hochgebirge. Irgendwann wurde sie deutlicher, sprich dunkle Wolken zogen auf. Nachdem keine zeitnahe und adäquate Reaktion von mir folgte, begann sie meinen Stuhl, auf dem ich stand, wegzuschieben. Blitze leuchteten im tiefen Dunkel und Donner ertönte in der Umgebung. Kurzum, jetzt wurde es ernst. Eine sofortige Reaktion war nun erforderlich. Prinzessin Lady Laure schob meinen Hocker weg, ich verlor daraufhin den Halt, weil ich gerade versuchte den letzten Haken zu befestigen, und knallte runter vom Stuhl. Natürlich nicht einfach so, ich schrubbte mit dem Arm noch schnell am gesprungenen Glas vorbei, das ich natürlich ganz nach hinten auf die Küchenablage gestellt hatte, damit nichts passieren kann. Kein Problem, ich hatte vor 2 Jahren 4 Flaschen mit je 500 ml Betaisodona (Jod) auf Drängen meines Mannes gekauft und das kam nun in rauen Mengen zum Einsatz. Es hat auch ordentlich geblutet. Mein Mann nutzt Jod für jedwedes Wehwehchen. Fehlt eigentlich nur noch, dass er es trinkt. Er bestand auf diese Mengen Jod, jetzt war ich selbst betroffen und froh darüber es im Haus zu haben. Der kleinen Maus konnte ich nicht mal böse sein, sie hatte ihren Unmut ja früh genug kundgetan. Ich hatte nur nicht schnell genug reagiert.

Dank unserer Kinder kann ich aber nicht nur Plissees befestigen. Nein, neuerdings kann ich auch Türschlösser ausbauen und tauschen. Gut, es ließ sich danach kaum noch schließen, aber es war getauscht. Küchenschranktüren, die abgefallen waren, oder Lampen, die beim Fußballspiel der Kinder mit dem Papa abgeschossen wurden tauschen, alles kein Problem für mich. Weitere Beispiele gefällig? Schubladen reparieren, auf die unsere Kinder sich prinzipiell aufstützen müssen wenn sie etwas darin suchen. Türen neu einstellen, die aufgrund diverser Wutausbrüche verstellt sind. Dazu Schubladenfronten, die abgerissen wurden. Schränke aufbauen, Betten der Kinder reparieren. Eine meiner Hauptbeschäftigungen: Rollläden wieder zum Laufen bringen. Tore einstellen. Türen der Schiebetüren-Schränke wieder einhängen und so weiter. Die Liste ließe sich problemlos weiterführen.

Das Aufhängen von Lampen habe ich bereits vor knapp 25 Jahren gelernt. Damals bezog ich meine erste eigene Single-Wohnung und dachte mir, das wird schon nicht so schwierig sein. Auf der Leiter stehend, mit den Drähten in der Hand kamen mir dann doch Zweifel, ob und wie das funktionieren wird. Also machte ich das, was jede Frau in so einer Situation machen sollte. Einen hilfsbereiten Mann, der sich mit sowas auskennt, fragen. Ich rief also, immer noch auf der Leiter stehend, einen Elektriker aus der Nähe an und erklärte ihm worum es ging. Der ältere Herr bekam Schnappatmung und meinte: „Bleiben Sie jetzt ganz ruhig, sagen Sie mir was Sie vor sich sehen.“ Kurzzeitig fühlte ich mich wie in einem Actionfilm, in dem gerade einem Vollidioten vom SEK erklärt wird, wie er eine Bombe entschärfen soll. Wie dem auch sei, er erklärte mir ganz genau, was ich machen sollte. „Schalten Sie die Sicherung aus, achten Sie auf einen stabilen Stand der Leiter, nehmen sie nun den blauen Draht und verbinden ihn“ und so weiter. Irgendwann hing die Lampe und funktionierte einwandfrei. Seitdem kann ich Lampen installieren und habe eine wichtige Lektion gelernt. Wenn man sich als Frau schön dumm stellt, hilft einem immer irgendjemand gerne. Funktioniert übrigens auch im Baumarkt. Legendär der Spruch des Mitarbeiters: “ Ich habe immer schon gesagt, man muss den Frauen die Angst vor dem Baumarkt nehmen.“ In dem Fall hatte ich einfach keine Lust mich durch das Angebot an Schrauben zu wühlen. Ich ging also zu dem freundlichen Mitarbeiter, schaute ihn mit großen Augen an und sagte: “ Entschuldigung, ich kenne mich überhaupt nicht aus“. Hier noch ein kostenloser Tipp für die nächste Polizeikontrolle mit einem defekten Auspuff am eigenen Auto. Bei meinem ersten Auto, einem Fiat Panda, war der Auspuff deutlich hörbar kaputt. In der Werkstatt teilte man mir mit, dass ich ihn schnellstmöglich tauschen müsste. Prompt fuhr ich am nächsten Wochenende in eine Polizeikontrolle. Der Panda hörte sich an wie ein getunter Porsche und der Polizist meinte zu mir: „Der Auspuff hört sich aber nicht gut an.“ Ich schaute ihn völlig erstaunt an und fragte ihn mit einer Unschuldsmiene, ob das Geräusch nicht normal sei. Er schaute väterlich auf mich herab und meinte milde zu mir, dass das definitiv nicht normal sei und ich doch bitte direkt am Montag zur Werkstatt fahren sollte. Funktioniert immer, getreu dem Motto: „Sei schlau und stell Dich dumm“.

Vielleicht sollte ich irgendwann auch auf die Seite der Zweitgenannten wechseln. Was sagt mein Mann dazu? „Im nächsten Leben vielleicht“